Julian is Darling again

Veröffentlicht am Autor sabinebrandiHinterlasse einen Kommentar

An diesem Weihnachten ging sie auf britischen und US-amerikanischen Bildschirmen zuende – die wunderbare Welt der guten Herrschaft. Sechs Staffeln „Downton Abbey“.
Es war so schön! Diese plastikfreie Welt des polierten Silbers, glänzenden Leders, schimmernder Stoffe und gestärkter Schürzen..
Und es war so verlogen.
Weil Drehbuchautor Julian Fellowes eine Wiedergutmachung brauchte?

Da ist ein kleines Detail aus den „Making of“-Szenen, die gerne rund um die jeweilige Staffel im Netz gepostet wurden: die Darstellerin der Köchin, Mrs. Patmore, erzählt davon, daß sie sich bei Lord Fellowes einen „love interest“ für ihre Rolle gewünscht habe. „Lord“ Fellowes. Offenbar hat sich der adelige Autor von der ganzen Crew so nennen lassen. Und der rotwangigen Köchin großzügig den Wunsch erfüllt.

Sein eigener Wunsch beim Schildern der fiktiven Adelsfamilie Crawley wird beim Drehbuch deutlich: wo siedelt er das moralisch Gute an? Upstairs.

Hausmädchen Gwen bekommt von Lady Sybil Unterstützung bei ihrer heimlichen Fortbildung und Hilfe, als sie eine Stelle als Sekretärin sucht.
Die erblindende Köchin wird auf Kosten des Lords eine Woche in die Augenklinik nach London geschickt, statt gekündigt.
Ex-Hausmädchen Ethel und ihr Kind werden von Lady Isobel aus Prostitution und Armut geholt.
Mr. Carson darf trotz halbseidener Vergangenheit als Butler bleiben.
Der irische Chauffeur wird als Schwiegersohn in die Adelssippe aufgenommen – und bei seiner Anpassung an die neue Klasse nach Kräften gecoacht und unterstützt.
Die Nachfolgerin von Kammerzofe O`Brien darf bleiben, obwohl sie eine Schmuckdiebin war.
Zofe Anna und Kammerdiener Bates dürfen heiraten und kriegen ein eigenes Cottage. (historisch besonders schief, Fellowes sagt selbst in einem „making of“: die durften sich keinesfalls gegenseitig den Hof machen, geschweige denn, heiraten)
Anna wird im Gefängnis von Ihrer Dienstherrin besucht!
Bates und Anna bekommen stets den Anwalt der Familie zur Seite, wenn sie`s brauchen.

Lord Grantham streckt einem finanziell klammen Pächter die Pacht vor – heimlich, damit sein Wohltätigkeit den Stolz des Pächters nicht verletzt.
Anteilnehmende Fragen der Herrschaft in Richtung Dienerschaft gar nicht zu zählen… ( „Was ist mit Ihnen, Bates?“)

Wo plaziert der das moralisch Verwerfliche? Downstairs.

Hausmädchen Jane versucht, den Lord zu verführen, doch er weist Sie zurück.
Hausmädchen Edna stellt dem aufgestiegenen Tom Branson schamlos nach.
Wenn jemand vergewaltigt, dann der Diener eines zu Besuch weilenden Lords.
Kammerzofe O`Brien ist so herzlos, die schwangere Herrin absichtlich auf einem Stück Seife ausglitschen zu lassen.
Und Diener Thomas erpresst eine Kollegin.

Gemessen an „Gosford Park“ – Julian Fellowes erstem großen Werk über den englischen Adel dieser Epoche ist „Downton Abby“ das reinste Märchenland:
In dem Oskar-preisgekrönten Film vögelt Sir William Cordle auf seinem Landsitz die weiblichen Untergebenen, wie`s ihm passt  wir lernen von Maggi Smith als geiziger Lady, daß man Zofen noch niedriger bezahlen kann, wenn man ihre Ausbildungszeit willkürlich in die Länge zieht.
Niemand der Herrschaften denkt auch nur eine Sekunde über Wohl und Wehe ihrer Untergebenen nach.

Aber dieser Film muss den adligen Julian Fellowes in den „großen Häusern“ seiner Heimat zum Nestbeschmutzer gemacht haben.
Jetzt hat er mit den fürsorglichsten Herrschaften, die man sich auf einem Adelssitz vorstellen kann, sein Nest wieder `reingewaschen.
Julian is Darling again.

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